Wisch’n impossible
Microsofts Windows 8 tritt an um am Markt der Tablet- Computer mitzumischen. Darüber
hinaus soll es auch für den Alltag im Büro geeignet sein.
Kann das funktionieren?
Hier
also Erkenntnisse aus dem Selbstversuch
4 Wochen Windows 8 im Bürobetrieb
Also am PC, nicht am Tablet.
Am 5. Juni habe ich mein 3
Jahre altes Notebook (120 GB SSD- Festplatte, Intel Core 2 Duo CPU, noch kein
i3 oder so) mit Windows 8 Release
Preview neu installiert.
Das Haupteinsatzgebiet ist – wie bisher unter Windows 7 – die Verwendung „herkömmlicher“ Programme
(Office usw.), ohne Touchscreen
Ein
erstes Fazit.
Kurz & bündig
Bedienung
Mit
der Bedienung komme ich nach sehr
kurzer Zeit gut zurecht. Diejenigen,
die erfolgreich die Umstellung vom Schilling auf den Euro gemeistert haben,
werden das auch schaffen. Wenn sie wollen.
Trotzdem
wäre es hilfreich, wenn manche Dinge weniger
versteckt wären. Es hätte sicher nicht geschadet, den Startknopf zu belassen – auch, wenn nach Klick darauf das neue
Metro- Startmenü anstelle des althergebrachten Menüs erscheint.
Mein Tipp: Linkes unteres Eck mit der rechten Maustaste anklicken – bringt ein Startmenü mit 16 oft gesuchten Funktionen auf einen Blick.
Performance
Das
Notebook fühlt sich nun deutlich
schneller an – der Systemstart erfolgt sehr schnell. Habe ich früher das
Notebook meist nicht mehr eingeschaltet, wenn ich am Abend nur kurz noch was
nachschauen wollte, mache ich das nun wieder. Ist gleich erledigt.
Verantwortlich dafür sind
vermutlich 2 Dinge:
o Dass das Betriebssystem (wie bei anderen
Betriebssystemen auch üblich)
nur in eine Art Ruhezustand versetzt
wird und,
o dass Windows 8 eine Antivirensoftware bereits integriert hat.
Diese verrichtet ihre Arbeit anscheinend deutlich ressourcenschonender
als viele andere Produkte.
Wie bereits bisher kann
natürlich durch Installation diverser Toolbars
und weiterer nicht wirklich erforderlicher Hilfsprogramme durch den Benutzer
die Performance deutlich vermindert
werden.
Ausblick
Die
Geräte, die im Zuge der Markteinführung von Windows 8 erscheinen, werden einen
noch schnelleren Systemstart ermöglichen und außerdem Mails auch dann empfangen, wenn sie abgeschaltet sind.
Bildhafter
Vergleich
Wollte
ich mir ein (nach meinen Vorstellungen) schickes, sportliches Auto kaufen,
würde es vielleicht ein Jaguar E-Type werden, oder ein Opel GT.
Möchte ich eine Klimaanlage im Auto und 7 Kisten Mineralwasser (oder Bier)
nebeneinander im Kofferraum platzieren, sollte ich bei dem Auto bleiben, das
ich derzeit fahre. Oder, ich muss eben 2 Autos erhalten.
Eine ähnliche Entscheidung haben viele
Computerbenutzer für sich zu entscheiden.
Mit einem schicken Tablett
vor dem Fernseher sitzen und Mails zu beantworten, im Außendienst auf einem
Tablett dem Kunden Fotos, Pläne oder Statistiken zu präsentieren ist super und
kommt gut an.
Auf
demselben Tablett eine Tabellenkalkulation
zur Erstellung der Statistik zu machen ist eine andere Sache. Entweder, es
passt nur ein eher kleiner Ausschnitt auf das Tablett – oder man hat zu große
Finger.
Da braucht es dann meist einen richtigen PC oder ein
Notebook.
Mit Windows 8 ist prinzipiell beides
möglich.
Es wird auch Geräte geben, die für beides taugen: „Solo“ als Tablet, angedockt
als Business- PC.
Ausführlich – Technisch
Installation
Die
Installation ist in 15 … 30 Minuten erledigt, die Treiberunterstützung nahezu vollständig, nur wenige Treiber müssen
von der Website des Computer- Herstellers geladen werden (weniger als unter Windows
7).
Bedienung - Konzept
Windows 8 versucht den Spagat zwischen Tablet- und Desktopbetriebssystem zu schaffen. Das ist wohl der Grund, dass es den Benutzer mit dem „touch-freundlichen“ Metro- Startbildschirm begrüßt. Auf den Desktop- Modus kann man bei Bedarf ohne Problem mit einem Klick umschalten, mit einem Tablet kann man gleich im Metro- Modus bleiben.
Vielleicht erinnert sich
noch mancher an die Umstellung vom
Programm- und Dateimanager unter Windows 3.0 auf das Startmenü von Windows 95 (bzw. Windows NT 4). Es gab viel
Ablehnung weil die Unterschiede in Optik und Bedienung groß waren.
Meinungsverbreitung übers Internet war damals kein Thema – so konnte jeder für
sich selber rausfinden, dass das neue Konzept gar nicht so übel war.
Dieses
Mal sind die optischen Unterschiede noch
größer – die tatsächlichen Unterschiede
in der Bedienung (im Bürobetrieb) aber nicht
wirklich groß. Im Internet gibt es sehr viele Meinungen dazu – meiner
persönlichen Einschätzung nach stammen nur die wenigsten von Benutzern, die
Windows 8 auch wirklich ausprobiert haben.
Bedienung - Praxis
Zu Beginn irritiert
möglicherweise, dass bei Klick auf den (nicht vorhandenen) Startknopf „der
ganze Bildschirm umgeschaltet“ wird – man macht sich evtl. Sorgen, wo
denn der Desktop nun sein könnte und findet am Metro- Startbildschirm im
wesentlichen Dinge, die man nicht sucht.
Dieser
Problematik kann man erfolgreich durch 2 Umstellungen begegnen:
Umordnen
Am
Startbildschirm kann man die Symbole nach eigenem Ermessen anordnen.
Durch Anordnen wichtiger, häufig benötigter Dinge (Outlook, Eingabeaufforderung, Server-Laufwerk, …) im linken Bereich und Verschieben der bunten, möglicherweise aber nicht benötigten Symbole der Metro- Programme nach rechts ist die „Usability“ gleich größer.
Klickt man auf das Minuszeichen rechts unten im Startbildschirm, erhält man eine Übersichtsdarstellung.
Man kann auch ohne weiteres Symbole vom Startbildschirm löschen – um sie wieder zu erreichen, einfach Klick mit rechter Maustaste im freien Bereich des Startbildschirmes und Klick auf „Alle Apps“.
Das ist prinzipiell dasselbe
Verhalten wie unter Windows 7:
Nach Installation von Programmen finden sich alle möglichen Menüpunkte im
Startmenü in der Gruppe, die bei der Installation angelegt wird. Die Gruppen werden durch Gruppennamen in blauer Schrift getrennt.
Die wichtigen davon habe ich mir immer direkt ins Startmenü gelegt.
Der
Vorteil jetzt:
Unter Windows 7 gab es – insbesondere bei „niedrigen“ Notebook- Displays eine
Begrenzung durch den verfügbaren Platz.
Unter Windows 8 ist der Platz nicht begrenzt – durch Bewegen der Maus nach
rechts scrollen die Bereiche, die nicht am Bildschirm Platz finden, herein,
ohne davonzulaufen.
Umdenken
Den „Startbildschirm“ für
sich selbst mit „Startmenü“
bezeichnen (eigentlich erfüllt er ja dieselbe Funktion) und nicht daran stören,
dass der „ganze“ Bildschirm umgeschaltet wird – schließlich macht das eh der
Computer selber und das auch noch schnell.
Bedienung – was (mir) fehlt
Verwende
ich am Büro- PC die angebotenen „Metro- Apps“, passieren zwei Dinge:
Der Inhalt der Metro- Anwendung (z.B. Wetter oder
Messenger) belegt sofort den ganzen Bildschirm und ich rücke
angesichts der Monsterbuchstaben, die sich da auf meinem 24- Zoll- Bildschirm
breitmachen, ein Stückerl vom Tisch zurück.
Sinnvoll
fände ich 2 Optionen
Darstellung der Anzeige der Metro-
Anwendungen auch am „normalen“ Desktop, Fenstergröße kann – entsprechend
der Bildschirmgröße und –auflösung – fix sein um das Layout der Metro- Anwendung
nicht zu zerstören.
(Automatische) Anpassung der Größe von
Text und Darstellungselementen im Fullscreen- Metro- Modus. Derzeit passen
auch bei Verwendung meines großen Bildschirmes nur wenige Nachrichten des
Messengers auf die Anzeige.
Und, wie bereits erwähnt: Wenn’s
der Akzeptanz dient und den Umstieg erleichtert, sollte der Startknopf wieder
eingebaut werden. Stören täte er keinesfalls.
Performance
Die wesentlichen Faktoren, warum Windows 8 auf „alter“ Hardware
flotter läuft (bzw. startet) als Windows 7 wurde bereits oben erwähnt. Neue
Hardware wird da noch bessere Ergebnisse (und weitere Features wie permanente
Mailsynchronisation) bieten.
Der
zweite Punkt ist aber umfassender, als oben kurz beschrieben.
Kauft man heute einen Windows- PC und möchte den „out oft he box“ verwenden, wird man bitter enttäuscht sein:
In der ausgelieferten Vor-Installation
wurden vom Hardware- Hersteller kiloweise Programme installiert deren Nutzen
oft zweifelhaft ist, die zum Teil suboptimal programmiert wurden und die
zusammen so viel an Arbeitspeicher und
CPU- Ressourcen verbrauchen, dass das Gerät nach dem Einschalten mit seiner
bloßen Existenz schon voll ausgelastet zu sein scheint.
Angeblich versucht Microsoft schon immer, die
Hardwarehersteller, die für die Installation von Zusatzsoftware verantwortlich
sind, von Übertreibungen dabei abzuhalten. Offenbar nur mäßig erfolgreich…
Mindestens
derzeit ist Windows 8 frei von derartigen
Ramsch- Programmen.
Microsoft
versucht auch, mindestens die „WinRT“ genannte, kleinere Variante des Betriebsystems
als geschlossenes System (wie bei
Geräten, auf denen angebissenes Obst abgebildet ist) zu deklarieren um dafür
sorgen zu können, dass es auch so bleibt.
Der zweite Weg ist, häufig benötigte Software wie z.B. Antivirensoftware, aus
dem eigenen Haus anzubieten.
Das verhindert zwar nicht, dass sich jemand die AV- Software seiner Wahl installiert – macht es aber
möglicherweise überflüssig.
Derzeit (Windows 7) werden
die PC’s, die wir unseren Kunden verkaufen, neu und sauber installiert.
Dadurch
laufen sie schnell und stabil.
Vielleicht macht Windows 8
die Sache hier für alle Beteiligten einfacher.
Auf
jeden Fall sollte ein Business- Notebook
mit einer Festplatte in SSD- Technologie ausgestattet sein (auch unter
Windows 7). Neben der eklatanten Geschwindigkeitssteigerung
erhält man den Vorteil, dass der Computer unempfindlich gegenüber
Erschütterungen wird.
Kompatibilität
Alle Programme, die ich
unter Windows 7 verwendet habe, kann ich auch unter Windows 8 verwenden. Bei
Programmen, die spezielle Hardware voraussetzen bzw. spezielle Audio- bzw.
Videofunktionen verwenden, sollte vor einer endgültigen Umstellung verifiziert
werden, ob die Unterstützung unter Windows 8 gegeben ist oder der Hersteller
eine neue Version anbietet.
Zu
guter Letzt‘
Viel wird auch darüber
geschrieben, dass die Sache mit den Tablet- Computern und Windows 8 ja nichts
Neues, sondern von Microsoft doch nur „nachgemacht“ sei.
Man kann darüber
spekulieren, wo man nun den Ursprung des Tablet- Computing sieht – in einem der
Vorläuferprodukte oder in einem Patent aus 1888 oder 1914 (http://wikipcpedia.com/wiki/on-the-move-%E2%80%93-progress-and-mobile-computing/keep-taking-the-tablets/).
In
Cupertino jedenfalls wurde die Sache nicht erfunden – dafür aber liefern die
dort eine sehr ausgereifte Technik an der sich der restliche Markt immer noch
messen muss.
2.
Juli 2012
Dipl.-HTL-Ing.
Richard Plöchl
ist Geschäftsführer der
PNC GmbH